Frau Bornematz bestraft vorwitzige Burschen
In der großen Stube des alten Lehngerichtes in Großröhrsdorf saßen einmal wieder die Mädchen aus der Nachbarschaft beisammen. Im weiten Kreise um den Kienspanhalter waren Spinnräder aufgestellt. Die Spindeln surrten, die Räder schnurrten, und die Hände der fleißigen Spinnerinnen gingen am Spinnfaden gar flink auf und ab. Draußen heulte der Wintersturm ums Haus und trieb körnigen Schnee gegen die Fensterläden. Im großen Kachelofen knisterten die brennenden Buchenscheite. Auf der Ofenbank saßen in breiter Behaglichkeit die Burschen, schmauchten ihr Pfeifchen und warteten hier, um nach Schluss der Spinnstube die Herzerkorene sicher nach Hause durch die dunkle Winternacht zu bringen. Im hohen Lehnstuhl in der warmen Hölle aber saß die Großmutter des Hauses um darauf zu achten, dass alles in Zucht und Ordnung unter den jungen Leuten zugehe. Gern erzählte sie an solchen Abenden auch Geschichten, dann standen wohl manchmal die Räder eine Weile still, damit kein Wort den Lauschenden verloren gehe.
Heute hatte sie wieder einmal von der Bornematz erzählt. Gerade diese Geschichte hörten alle so gern. Das war ja so gruselig, und zuletzt wagte sich niemand nach Hause zu gehen.
Als die Erzählerin geendet hatte, sagte einer der Burschen auf der Ofenbank, der da meinte, von allen der klügste zu sein: „Mir sollte die alte Bornematzen nicht einmal über den Weg laufen. Ich wollte ihr schon heimleuchten. Vor der fürcht ich mich schon lange nicht! Ich – – -“ das weitere Wort erstarb ihm im Munde. Ein lautes Knallen am Ofen, wie wenn Ohrfeigen ausgeteilt würden. Und so war es auch geschehen. Der vorwitzige Bursche hatte von unsichtbarer Hand ein paar gesalzene Ohrfeigen bekommen, so dass er laut aufschreiend von der Ofenbank in die Stube fiel. Von dieser Stunde an hatte es nie mehr jemand gewagt, die Frau Bornematz zu verspotten, wenn die Großmutter im Erblehngerichte wieder einmal den Spinnerinnen von ihr erzählte.